[19.06.2025]
Ortenau. Anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni zieht der Ortenaukreis eine Bilanz seiner Flüchtlingspolitik und seiner Integrationserfolge. Nach Jahren mit hohen Zugangszahlen verzeichnet der Landkreis im laufenden Jahr einen deutlichen Rückgang. Diese Entwicklung verschafft den Verantwortlichen Spielraum, um die Unterbringungsstrukturen zu konsolidieren, und gibt Anlass, die Rolle der Kommunen und der Ehrenamtlichen zu würdigen.
Nach Angaben des Landratsamts wurden bis Ende Mai 2025 insgesamt 245 Asylbewerber sowie 85 Geflüchtete aus der Ukraine in die vorläufige Unterbringung aufgenommen. Diese Zahlen liegen deutlich unter dem Niveau der Vorjahre. „Diese Entwicklung bringt dem Kreis eine dringend benötigte Atempause“, erklärt Alexandra Roth, Dezernentin für Infrastrukturen, Baurecht und Migration. Die Entlastung wird genutzt, um das Unterbringungssystem „strategisch und wirtschaftlich neu auszurichten“.
Zum Stichtag Ende Mai befanden sich 1.492 Personen in den 30 Gemeinschaftsunterkünften des Kreises. Der Großteil stammt aus der Türkei (rund 40 %), gefolgt von Geflüchteten aus Afghanistan (14 %) und Syrien (13 %). Insgesamt leben Menschen aus etwa 30 Herkunftsländern in den Einrichtungen des Landkreises.
Derzeit hält der Ortenaukreis noch 2.168 Plätze in der vorläufigen Unterbringung vor. Bereits im ersten Halbjahr 2025 konnten 161 Plätze abgebaut werden. Von den aktuell zehn noch in Betrieb befindlichen Containeranlagen werden bis Jahresende drei geschlossen. Roth betont die Nachteile dieser Bauform: „Containeranlagen sind zwar eine schnelle Lösung in akuten Situationen, aber sie sind teuer und auf Dauer nicht tragfähig.“ Stattdessen setze der Kreis nun auf nachhaltigere Modelle – unter anderem mit dem Neubau in Achern, der im Sommer eröffnet werden soll. Ziel sei eine Reduktion auf 1.912 Plätze bis Anfang 2026.
Wie belastbar diese Strategie angesichts weltpolitischer Krisen tatsächlich ist, bleibt offen. Roth verweist auf die Lage im Nahen Osten: „Eskalationen wie aktuell im Nahen Osten müssen wir in unseren Planungen stets mitdenken.“
Der Ortenaukreis verweist auf langjährige Integrationsanstrengungen – in enger Zusammenarbeit mit Kommunen. Seit 2013 wurden nach eigenen Angaben über 12.000 Geflüchtete aus der vorläufigen in die sogenannte Anschlussunterbringung überführt. Roth lobt die kommunalen Akteure ausdrücklich: „Die Städte und Gemeinden im Ortenaukreis haben Gewaltiges geleistet.“ Neben staatlichen Strukturen sieht der Landkreis das Ehrenamt als tragende Säule der Integration. „Ohne unsere engagierten Bürgerinnen und Bürger wären viele Erfolgsgeschichten nicht denkbar“, sagt Roth.
Die ukrainische Staatsangehörigkeit lag Ende 2024 bereits auf Platz zwei unter den ausländischen Nationalitäten – hinter Rumänien, aber vor Syrien. Etwa 42 Prozent der ausländischen Bevölkerung stammen weiterhin aus EU-Mitgliedsstaaten.
Der Kreis meldet einen Rekord bei Einbürgerungen. 1.260 Menschen erhielten im Jahr 2024 die deutsche Staatsangehörigkeit. So viele wie nie zuvor. Auch 2025 zeichne sich eine hohe Nachfrage ab. Das Landratsamt wertet die hohe Zahl der Einbürgerungen im vergangenen Jahr als deutliches Zeichen gelungener Integration. „Die Entscheidung zur Einbürgerung ist ein starkes Bekenntnis zur demokratischen Gesellschaft“, erklärt Alexandra Roth: „Sie zeigt, dass Integration nicht nur gelingt, sondern gelebt wird.“
Kinzigtal.de sieht den starken Anstieg der Einbürgerungen unter Zuwanderern allerdings nicht allein als Beleg für gelungene Integration. Denn seit die doppelte Staatsangehörigkeit in Deutschland im Jahr 2024 erlaubt wurde, ist diese Entscheidung für viele spürbar leichter geworden.