[06.4.2005]
Bei den derzeit fast unerträglich heißen Temperaturen, die momentan im Sommer immer wieder herrschen, ist es kaum vorstellbar, dass die Kinzigtäler früher manchmal richtig bibbern mußten. Unser Hobbymeteorologe Franz Schmalz hat die Wetterdaten der Vergangenheit einmal genauer unter die Lupe genommen.
Fast jeder kennt Rudi Carrels Sommerhit „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer, Sommer wie er früher einmal war“. Das Lied entstand in einer Zeit wo die Sommer mal richtig mies waren und man sich nach Sonne und Wärme sehnte. Heute ist dieses Lied im Grunde nicht mehr aktuell, die Sommer haben im Vergleich zu damals eine ganz andere Qualität und sind im Schnitt um mehr als ein Grad wärmer geworden. Der Höhepunkt oder besser gesagt eigentlich Tiefpunkt kalter Sommer liegt nun 25 Jahre zurück, damals im Jahre 1980 wurde die warme Jahreszeit als grün angestrichener Winter tituliert.
In der Tat war er zusammen mit dem Sommer 1978 der kälteste Sommer der Nachkriegsjahre im Kinzigtal. Nachdem der Winter 1979/80 mit Ausnahme des Januar noch überdurchschnittliche Temperaturen aufwies, verlief das Frühjahr zunächst noch einigermaßen im normalen Bereich zumindest was den März betraf. Im April schlug dann das Pendel merklich nach der kälteren Seite hin aus. Um 1,5 Grad zeigte sich der Monat zu kalt, mehrfach sorgten Kälteeinbrüche für Schnee- und Graupelniederschläge. Auch der letzte Frühlingsmonat, der Mai hängte sich an diesen kühlen Witterungstrend an.
Wer nun glaubte, dass der folgende Sommer nun besser würde, musste bald erkennen, dass sich der negative Trend nur noch verstärkte. War es im Frühling bei der kühlen Witterung wenigstens noch zu trocken, kamen nun ab Juni zu dem Fröstelwetter auch noch reichliche Regenfälle hinzu. Warme Tage waren wirklich die Ausnahme im ersten Sommermonat, an ganzen fünf Tagen wurden mehr als 25 Grad gemessen, viel öfters blieb das Thermometer zwischen 15 und 20 Grad stehen. Am Monatsersten wurden gar nur 10 Grad gemessen. 20 Regentage machten den Monat bei einer Regenmenge von 200 Liter/qm zu einem der nassesten und unfreundlichsten seit Beginn der Messungen.
Doch der absolute Tiefpunkt dieses „Antisommers“ ereignete sich im Juli. Bis zum 24. erreichte kein Tag die Temperaturschwelle von 25 Grad, an etlichen Tagen wurden nicht mal +15 Grad erreicht. Traurige Tiefpunkte blieben der 2. mit +12 Grad, der 11. und 13. mit +13 Grad und nochmals der 21. mit ebenfalls +13 Grad.. Erst danach war diese kalte Periode zu Ende und zum Monatsschluss zeigten Temperaturen um 30 Grad, dass der Sommer doch nicht ganz abhanden gekommen war. Geradezu armselig für einen Juli waren die sieben Sommertage und drei heißen Tage die gezählt werden konnten Begleitet war das kalte Wetter im Juli ebenfalls von häufigen Niederschlägen die mit 249 Litr/qm einen neuen Monatsrekord in der Messreihe aufstellten.
Die negativen Folgen dieses Sommers zeigten sich sowohl in der Landwirtschaft mit Ernteausfällen und einer schlechten Heuqualität, im Fremdenverkehr mit einem fast Totalausfall der Badesaison und dementsprechenden Defiziten bei den Freibädern. Erst der August leitete dann noch einen halbwegs versöhnlichen Ausklang dieses missratenen Sommers ein. Die Temperaturen lagen erstmals seit März wieder etwas über dem Durchschnitt, allein beim Niederschlag konnte der August nicht ganz befriedigen auch er zeigte sich weiter etwas zu naß.
Anders als heute wurde damals in der Fachwelt noch verbreitet die Ansicht geäußert, dass die Temperaturen in den folgenden Jahren weiter nach unten tendieren und möglicherweise in eine „kleine Eiszeit“ überleiten könnten. Wie wir heute wissen, war diese Sorge damals unbegründet. Zu Beginn des neues Jahrhundert scheinen die Temperaturen in die andere Richtung zu gehen. Mal sehen was der Berichterstatter in weiteren 25 Jahren beim Rückblick auf den Jahrhundertsommer 2003 für eine Einschätzung geben wird.
Grafikerklärung:
Welten lagen in nur drei Jahren zwischen den Julitemperaturen des Juli 1980 und des bislang heißesten Juli im Jahre 1983. An einem einzigen Tag lag die Tageshöchsttemperatur 1980 über der aus dem Juli 1983.
Text und Grafik: Franz Schmalz
Bilder: Anke Bauer