[22.6.2005]
Noch vor kurzen gaben Forstexperten der Region Entwarnung, der Eichenprozessionsspinner war noch kein Problem. Nun erlebt der Südwesten aber doch die schlimmste Plage von Giftraupen seit dem Krieg. «Im ganzen Land hat sich der Eichenprozessionsspinner explosionsartig vermehrt», sagte Hansjochen Schröter von der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg am Mittwoch. Die Eichenlaub fressende Raupe habe mit Gift gefüllte Mikrohärchen, die sich auch durch den Wind verteilen. «Wenn sie die Haut berühren, bekommen die meisten Menschen einen Ausschlag, der sich auf den ganzen Körper ausbreiten kann», sagte Schröter. Weitere Symptome seien Atemnot, Fieber und Schwächegefühle.
Besonders von der Giftraupenplage betroffen sind nach Schröters Beobachtung die warmen Regionen entlang von Rhein, Neckar, Main und Tauber. «In Mühlacker (Enzkreis) konnte die Hälfte der Belegschaft einer Firma nicht mehr arbeiten, weil sie mit den Raupen in Berührung gekommen war», sagte Schröter. Bei einem Sportplatzfest in Neuried (Ortenaukreis) habe vor einigen Tagen eine Vielzahl der Besucher behandelt werden müssen. Der Erste Bürgermeister von Tübingen, Gerd Weimer, stellte auf einer Pressekonferenz am Mittwoch Maßnahmen der Stadt vor und wies Kindergärten und Schulen an, betroffene Gebiete abzusperren.
In betroffenen Städten wie Tübingen, Heilbronn, Wertheim (Main-Tauber-Kreis) und Göppingen gehen die Feuerwehr- und Bauhofmitarbeiter zumeist mit Flammenwerfern gegen die Giftraupe vor. In Gebieten bei Bietigheim-Bissingen, Vaihingen an der Enz (Kreis Ludwigsburg) sowie Maulbronn und Illingen (Enzkreis), wo eine Vermehrung erwartet worden sei, bekämpften Spezialisten das Insekt bereits im Frühjahr erfolgreich mit einem biologischen Pestizid.
Grund für die starke Vermehrung der Giftraupe ist nach Schröters Aussagen der heiße Sommer 2003. Die Raupe liebe die Wärme. «Nach Beobachtungen 2004 kommt der explosionsartige Anstieg nicht überraschend», sagte Schröter. «Ein Ende ist noch nicht abzusehen, der tritt erst ein, wenn den Raupen die Nahrung ausgeht oder sie stark von Parasiten befallen werden.» Von Vögeln und Säugetieren würden die Eichenprozessionsspinner wegen ihrer Gifthaare gemieden.
Text. Landesportal Baden-Württemberg