[1.12.2004]
Fischerbach. Der Verband der badischen Obst- und Kleinbrenner veranstaltete in der Brandenkopfhalle seine Jahreshauptversammlung. Kartrin und Felix Schwendemann, zwei Bauernkinder erhoben gleich zu Beginn nach dem Motto "Kindermund tut Wahrheit kund", das Wort. Mit einer gehörigen Prise Humor brachten Sie in einem Sketch Probleme der Klein- und Obstbrenner auf den Punkt und gaben dem Bauernpräsident Gerd Sonnleitner Hausaufgaben auf, der nach Fischerbach gekommen war. "Frisch, frei von der Leber weg kommt es auch besser an.", freute sich Siegfried Hornung, der erste Vorsitzende des Verbandes der badischen Klein- und Obstbrenner. Ebenfalls zu Gast waren benachbarte Verbände und Vertreter der Bundesmonopolverwaltung, des Ministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft und der Zentralstelle Abfindungsbrennen in Stuttgart.
Der Tenor des Abends war, dass die Vermarktung für Obstbrände verbessert werden muss, damit es sich auch lohnt, weiter für die Erhaltung des Brandweinmonopols zu kämpfen. Die Produkte müssen Einzug in die Läden halten, das läßt sich jedoch nur durch Zusammenschlüssen realisieren. In der Erhaltung des Monopols sieht der Verband eine wichtige Aufgabe. Denn es gelte ein Stück süddeutscher Kultur zu erhalten, man dürfe sie nicht einem gemeinsamen Europa opfern, betonte Hornung. "Wir lassen uns diese alte Tradition nicht nehmen.", sagte er. Die politischen Keulenschläge werden immer schwerer, man sei für diese Politik als Menschen des ländlichen Raumes nicht gefragt. Man müsse nach 2010 um das Monopol kämpfen, es lohnt sich.
Fischerbachs Bürgermeister Armin Schwarz betonte in seiner Rede, dass die Gemeinde voll und ganz hinter den Landwirten steht. Er rief alle Funktionäre im Raum auf, dafür zu kämpfen, dass die Vielfältigkeit der Existenz und Standbeine der Landwirte in Zukunft gewährleistet ist.
Sonnleitner sprach als Hauptredner des Abends über die Bedeutung der Abfindungsbrennerei für die Landwirtschaft. Gleich zu Beginn seiner Rede brachte der Bauernpräsident die Anwesenden auf seine Seite: "Wir brauchen die Klein- und Obstbrenner", sagte er. Für ihn sei es ein ganz besonderes Erlebnis gewesen, den Bauernhof von Ulrich Müller zu besuchen, hier erfuhr er viel über die Region. Dem Bauernpräsidenten war klar, dass das Wirtschaften in dieser Lage sehr schwer sei. Er lobte die wunderschönen Höfe und die gepflegte Landschaft. "Wir leben in einer Gesellschaft, die immer mehr verstädtet wird.", stellte er fest. In diesen Zeiten, in denen alle von Globalisierung reden, braucht der Mensch die Heimat. Man müsse selbstbewußt auftreten. Er lobte die Produkte der Brenner. "Schnaps braucht man, ganz gleich in welcher Lebensphase." Es sei ein Stück Lebensqualität, so etwas gutes zu genießen. 7000 Brennereien gibt es in der Ortenau. Er versuchte alle aufzumuntern, auch wenn es oft Probleme gibt, die stecke man weg: "Unsere Bauernhöfe haben eine Perspektive.", damit machte er vielen Mut. Mit Humor brachte er ernste Themen zur Sprache und unternahm rhetorisch auch Ausflüge in die große Europapolitik, an deren Front er auch für die Landwirte kämpft. Seine klaren Worte fanden Anklang. Die Berliner Politik sei ein großer Schwachpunkt, nationale Alleingänge konterkarrieren den Fleiß der Bauern. Man brauche eine verlässliche Politik und Sicherheit auf lange Zeit. In der anschließenden Podiumsdiskussion standen die Fachleute Rede und Antwort.
In der anschließenden Podiumsdission, die von Richard Bruskowski von der Badischen Bauernzeitung geleitet wurde, kamen zunächst die Fachleute zu Wort und sparten nicht mit qualifizierten Informationen. Es wurde erklärt, wie die neu entstandene Zusammenarbeit mit den Obstgemeinschaftsbrennereien aussieht. Als Hauptthema es Abends stellte sich schlußendlich die zu verbessernde Vermarktung der Produkte heraus.
Gerald Erdrich, der Geschäftsführer des Deutschen Verbandes der Klein- und Obstbrenner berichtete begeistert von den ersten Forschungserfolgen in Sachen Kirschwasser. Inzwischen sei es kein Problem mehr festzustelen, ob ein Obstwasser aus dem Schwarzwald oder aus Italien kommt. Die Inhaltsstoffe sind klar zu unterscheiden. Zukünftig könne man dem Verbraucher sagen, dass wo Schwarzwald drauf steht, ist auch garantiert Schwarzwald drin. Er kennt wie kein anderer die Probleme der Direktvermarktung. "Der ganze Spirituosenmarkt ist sehr kritisch.", stellte er fest. Fünfzig Prozent des Marktes seien Importe, Konzerne bestimmen den Markt. Alles gehe immer mehr in Richtung Discount. Der Marktanteil der Obstbrände beträgt nur vier Prozent. Angesichts der Großhandelspreise müsse man versuchen, in die Selbstvermarktung zu gehen und dem Verbraucher müsse klar werden, dass er eine Spezialität konsumiert. Man wolle Regionalität, eine gemeinsame Vermarktung sei bei den Volumenmärkten von Nöten. Genau dieser Meinung waren auch viele Redner aus dem Publikum. Entscheidend sei aber auch der Preis, die Arbeit müßte sich schon lohnen, betonten viele. Denn hier gehe es um die Existenz und wenn die Kleinbrenner nicht überleben können, müsse man auch nicht mehr um ein Monopol kämpfen. Auch der Ehrenpräsident des BLHV Wendelin Ruf setzte sich an diesem Abend aus dem Zuschauerraum für die Verbesserung der Vermarktung ein.
Dr. Cort Husemeyer vom Ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft in Berlin muss laut Siegfried Hornung muss das Ministerium immer die meiste Prügel einstecken. "Wir können mit dieser Politik nicht leben.", beschwerte sich Hornung. Husemeyer gab Informationen zur neuen Spirituosenverordnung, die derzeit in Arbeit ist.
Lutz-Jürgen Brinkmann von der Bundesmonopolverwaltung stand Rede und Antwort zu den Personalkürzungen aufgrund von Einsparungen. Es sei nicht einfach, das Personal zu verringern, teilte er mit. Man sei derzeit auf dem Wege, 100 Arbeitskräfte unterzubringen. Richard Bruskowski fragte ihn, ob es möglich sei, die Verkaufspreise und damit auch die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu verbessern. "Können die Übernahmepreise erhöht werden?", fragte er. Eine kleine Preiserhöhung habe man durchdrücken können. Durch eine Preissteigerung beim Verkauf von Neutralalkohol erhofft sich Brinkmann für das nächste Betriebsjahr eine Besserung.
Friedrich Lohn von der Zentralstelle für Abfindungsbrennen in Stuttgart äußerte sich zu den Anmeldungsmodalitäten, eine Online-Anmeldung könnte Wartezeiten verkürzen, doch in der Saison treffen täglich bis zu 5000 Abfindungsmeldungen ein, die zügig bearbeitet werden müssen. Derzeit ist das papierlose Verfahren noch nicht möglich. Noch im Dezember wird sich entscheiden, ob dies 2006 in Angriff genommen werden kann.
Dass die Klein- und Obstbrenner eine sehr breite politische Akzeptanz haben, betonte Gerd Sonnleitner, der Bauernpräsident. Er wünscht sich eine bessere Vermarktung, die hervorragenden Produkte müssten auch in großen Geschäften und Hotelketten auftreten. Hier müsse man gemeinsam noch große Anstrengungen unternehmen.
Text und Fotos: Anke Bauer