Hecke oder nicht Hecke, das ist hier die Frage!

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[23.03.2015]
Kinzigtal. Des einen gewollter Sichtschutz oder Schattenspender, des anderen ungeliebte Sichtbehinderung  oder Verdunkelung. Aufwüchse im Grenzbereich haben es in sich, sind doch oft des Eigentümers Freud und des Nachbarn Leid identisch. Das Nachbarrechtsgesetz von Baden-Württemberg gibt hier genaue Vorgaben, welche einzuhalten sind.

Insbesondere für Gartenfreunde sollte es selbstverständlich sein, diese Vorgaben einzuhalten. Dabei handelt es sich nicht um juristische Spitzfindigkeiten, sondern praktisch wirklich bedeutungsvolle Rechtsfragen. Auf die einzelnen Ansprüche des Nachbarrechtsgesetzes werden wir hier nach und nach eingehen. Wobei natürlich im Falle eines Falles das jeweils zur Entscheidung berufene Gericht die Tatsachen nach sorgfältigem, richterlichem Ermessen abzuwägen hat.

Unter einer Hecke im Sinne des § 12 NachbarRG versteht man "eine Gruppe gleichartig wachsender Gehölze, die in langer und schmaler Erstreckung in einer Linie aneinander gereiht sind. Wesentlich ist dabei die Geschlossenheit der Pflanzenkörper unter sich, der Verbund zu einer wandartigen Formation. Dabei genügt es wenn der Dichtschluss erst im Laufe der Zeit aufgrund der artgemäßen Ausdehnung der Pflanzen erreicht wird." Die juristisch klare Definition ist hier also wirklich lebensnah. Es kommt auf den optischen Eindruck des unbefangenen, neutralen Betrachters an.

Spitzfindige Zeitgenossen könnten nun auf den Gedanken kommen: Wenn man davon ausgeht, dass hier nur Gehölze gemeint sind – dann betrifft diese Vorschrift beispielsweise Bambus nicht, denn Bambus ist ja pflanzensystematisch kein Gehölz, sondern offensichtlich ein Gras. Wenn auch ein massiv nach oben wachsendes, und wenn der Rhyzomschutz fehlt, sich auch massivst ausbreitendes Gras.

Dem hat das OLG Karlsruhe in der zitierten Entscheidung klar entgegengesetzt: Es kommt allein auf das äußere Erscheinungsbild und damit die Geschlossenheit an. Denn daraus ergibt sich die Einwirkung auf das Nachbargrundstück, beispielsweise der Lichtentzug. Auf die botanische Frage, ob der Sichtverhinderer oder Schattenspender ein Baum, ein Gehölz oder ein Gras ist, kommt es nicht an.

Entscheidend sind Ansicht und Auswirkung. In der kommenden Ausgabe werden wir uns im Einzelnen mit der Frage der Grenzabstände und Höhenbegrenzungen für Hecken und Gehölze befassen.

Der Autor, Rechtsanwalt Ralf Bernd Herden, Bürgermeister a.D. und Lehrbeauftragter an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl am Rhein, ist in seiner Kanzlei in Lahr und Bad Rippoldsau-Schapbach vor allem in den Bereichen Öffentliches Recht, Erbrecht, Nachbarrecht und Vereinsrecht tätig. Er vertritt u.a. den Landesverband der Gartenfreunde Baden-Württemberg e.V., arbeitet mit dem Eigenheimerverband Deutschland e.V. und dem Historischen Verein für Mittelbaden e.V. zusammen. Dieser Text wurde erstmals in der Zeitschrift "Haus und Garten" im März 2015 veröffentlicht.  

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